Auf der Stremme, im Erdeloch oder auf der Havel kann man wunderbar angeln, klar. Tipps und Tricks habe ich aber keine. Oder doch – einen habe ich:

Die Jagd auf den Tauwurm

Die Jagd auf den Tauwurm ist auch nach Einbruch der Dunkelheit gestattet und nur dann erfolgversprechend. Der Tauwurm ist ein guter Köder: Für kleine Fische mag der gemeine Kompostwurm noch ausreichen, die dicken Fische ziehen den deutlich größeren Tauwurm vor. Dieser ist jedoch weder einfach so auf dem Komposthaufen zu finden, noch lässt er sich einfach so schnappen. Zur waidgerechten Tauwurmjagd geht man in Milow nach Fischertradition wie folgt vor:

Vorbereitung

Nachdem man sich zum Abendbrot gut gestärkt hat, wartet man die Dämmerung und die komplette Dunkelheit ab. Während der Wartezeit ist die Sauna zu empfehlen, allzu viele alkoholische Getränke sollte man jedoch nicht  zu sich nehmen, da die Wurmjagd ein schnelles Auge und geschickte Finger erfordert. Stattdessen ist die Ausrüstung vorzubereiten: Wir benötigen

  • ein kleines Eimerchen mit Deckel, diese 0,5-Liter-Joghurtbecher sind praktisch, 
  • leichte Schuhe, bei Regen sind auch Gummistiefel mit Gummisohle möglich, und unser wichtigstes Utensil:
  • eine kleine Taschenlampe, möglichst mit kleinem Lichtstrahl und schwachem Licht. Der Fischer Boltze verwendete Karbidlampen, die heutzutage kaum jemand zur Hand hat. Warum die Lampe nicht so stark leuchten darf, dazu kommen wir später.

Die Vorbereitung ist abgeschlossen.

Pirsch

Mitsamt der Ausrüstung schleichen wir uns in den Garten. Die Jagd zu Mehreren ist möglich, es darf aber nicht laut gelacht und vor allem nicht getrampelt werden. Die Jäger sollten also noch im Haus instruiert und über den Ernst und die Herausforderung der Jagd informiert werden. Der Tauwurm ist nicht zu unterschätzen!

Ich weiß nicht, ob der Tauwurm Ohren hat, Krach schreckt ihn aber auf jeden Fall ab. Es ist eine gute Idee, durch die Gartentür zu schleichen, weil die Lampe zum Garten hin nicht automatisch angeht. Wenn man vorm Haus suchen will, sollte man den Bewegungsmelder vorher ausschalten (Lichtschalter neben der Eingangstür). Am Abend und in der Nacht, vor allem in feuchten Nächten, nach dem Regen oder während des Regens, kommen die Würmer aus der Erde und liegen dann herum. Ich weiß nicht, was die da machen. Vielleicht sind die Gänge voller Wasser? Jedenfalls leuchtet man mit ruhigen Bewegungen den Rasen und die Sandstellen im Garten und am Flußufer ab, um die Würmer liegen zu sehen. Der Tauwurm meidet Licht und zieht sich ins Erdreich zurück, wenn er geblendet es zu hell wird. Ich weiß nicht, ob der Tauwurm Augen hat, er bemerkt jedenfalls das Licht und verschwindet.

Zugriff

In dem Moment, wo der Tauwurm sich, durch das Licht gestört, bewegt, muß der Zugriff erfolgen. Da das Tier durchaus Längen von über 15 Zentimeter erreicht, braucht es zum Verschwinden einen kleinen Moment. Blitzschnell muß man den Wurm schnappen, sonst ist er im Erdreich verschwunden. Dabei muß man ihn fest zwischen den Fingern packen, sonst glitscht er davon. Könner haben den Wurm, bevor er sich bewegt, rutschfest gegriffen, Leute mit weniger Geschick verwickeln sich in ein unwürdiges Gezerre um den Wurm. Dabei ist der Wurm nicht roh zu reißen, sondern vorsichtig, aber entschlossen zu packen und Stück für Stück aus dem Boden zu ziehen. Die gefangenen Tauwürmer kommen erstmal in den Joghurtbecher. Normalerweise merkt man spätestens nach 10 Minuten, ob Würmer unterwegs sind. Ist es zu trocken, findet man keine. Hat man eine Handvoll Tauwürmer zusammen, kann man jedes Anglerherz höher schlagen lassen. Wurm heil!